Donnerstag, 12. Januar 2006

Macht Entbehrung genial?

images1Was hat die maslowsche Bedürfnispyramide mit dem abgeschlossenen Denkprozess "Betrachten, Beobachten, Begreifen, Tun" zu tun?
Maslows Pyramide ist ein Modell für menschliche Bedürfnisse. Sie sind in "Stufen" abgebildet und bauen aufeinander auf. Das heißt: Erst müssen die Bedürfnisse der niedrigen Stufen befriedigt werden (Grundbedürfnisse), bevor die Bedürfnisse der nächsten Stufen (Sicherheit, soziale Beziehungen, soziale Anerkennung, Selbstverwirklichung) Bedeutung bekommen.
Bezogen auf unser Seminarmodell bedeutet dies, dass wir (vermutlich) nicht (richtig) begreifen und dann tun können, wenn wir nicht vorher die Denkprozesse "betrachten" und "beobachten" duchlaufen haben.
Zurück zu Maslowe. Theoretisch ist das so, dass man sich erst dann um die Befriedigung der "höheren" Bedürfnisse wie Kunst, Philosophie etc. kümmert, wenn die Bedürfnisse der unteren Stufen befriedigt sind. Das würde aber bedeuten, dass diejenigen, die unter materiellen Entbehrungen zu leiden haben, die oberen Stufen niemals befriedigen könnten.
Genau dies wurde auch im Plenum (und vor allem von Herrn Schmid) kritisiert. Das Modell erklärt nicht, wie gerade Menschen, deren Grundbedürfnisse bzw. Sicherheitsbedürfnisse NICHT gestillt sind, trotzdem oftmals genial im oberen Bereich der Pyramide (Philosophie, Kunst, Streben nach Selbsterkenntnis usw) sind.
Seine Vermutung: Die Defizite aus dem unteren Bereich kommen den höheren Stufen zugute - demnach wäre es möglicherweise sogar unabdingbar fürs Genialsein, Defizite im unteren Bedürfnisbereich zu haben!
JenniferKrebs - 18. Jan, 22:07

„Betrachten, Beobachten, Begreifen, Tun“

Deiner Schilderung auf unserem Seminarmodell stimme ich zu. Wir müssen zuerst einmal betrachten und beobachten bevor wir dann begreifen und tun können. Deshalb ist es später beim Unterrichten ja auch so wichtig, dass uns die Schüler/innen erst einmal zuhören, damit sie die Arbeitsanweisungen auch begreifen und die Aufgabe machen können.
Zu deinem anderen Aspekt, dass es Menschen gibt, die trotz mangelnden Grundbedürfnisse den oberen Bereich der Pyramide erreichen:
Hier muss ich sagen, dass ich die Struktur der Pyramide logisch finde. Wenn ich nichts zu Essen habe, strebe ich danach, Essen zu bekommen...
Aber der Aspekt oben stimmt auch. Wie kann das sein?
Defizite in dem unteren Bedürfnisbereich schließen das Genialsein nicht aus, so hast du das ja gemeint, wenn ich das richtig verstanden habe. Beziehst du dich z.B. darauf, dass es z.B. Künstler gibt, die so tief in ihren Gedanken stecken, dass sie das Essen völlig vergessen bzw. ihr ganzes Geld für Ölfarben ausgeben und dann kaum noch Geld für Nahrungsmittel haben? Denn dies haben wir bestimmt schon alle gehört. Diese Künstler unterdrücken anscheinend ihre Grundbedürfnisse oder für sie haben diese Bedürfnisse einfach nicht so eine große Wichtigkeit.

KathrinTau - 19. Jan, 08:57

Hallo Jenny,

das stimmt, solche Leute gibt es bestimmt auch, die in ihrem Kunstschaffen alles andere um sich herum vergessen.
Ich denke, die Frage ist aber auch die, was mit denen ist, die aus finanziellen oder religiösen Gründen (Arme, Mönche, Mutter Theresa..) hungern bzw. entbehren. Oder mit denen, die in Kriegsgebieten leben, die verfolgt werden, unter Hausarrest stehen, also ihr Sicherheitsbedürfnis nicht befriedigen können. Nach Maslowe könnten sie die oberen Stufen ja nie erreichen, weil sie ewig um die Erfüllung ihrer Bedürfnisse in den unteren Stufen kämpfen. Trotzdem bringen gerade Menschen mit Defiziten in diesen Bereichen oft Geniales hervor, sind Friedensnobelpreisträger, große Schriftsteller oder Musiker. Dafür hat Maslowe - nach diesem Modell zumindest - keine Antwort. Da greift die Pyramide zu kurz.
Sie funktioniert offenbar (und glücklicherweise) in der Realität nicht nach dem stumpfen "wenn-dann"-Prinzip.
Hm, wenn man den Gedanken weiterspinnt, wäre es ja sehr interessant, diese Erkenntnis auf unser "BBBT-Modell" zu übertragen. Danach müsste es so etwas wie intuitives, "richtiges" Tun geben, ohne die Prozesse davor durchlaufen zu haben. Man sieht etwas und hat sofort die (richtige) Erkenntnis (Stufe 2 ausgelassen) bzw. handelt sofort in der richtigen Konsequenz (Stufe 2 und 3 ausgelassen).
:-)
JenniferKrebs - 19. Jan, 12:17

Da hast du Recht, in dieser Richtung greift die Pyramide zu kurz.

Intuitives, „richtiges“ Tun gibt es bestimmt. So etwas wie Kurzschlussreaktionen würde ich darunter zählen. Wenn z.B. ein Kind in Gefahr ist, überlegt man nicht lange, sondern handelt ganz intuitiv. Wie du es schon gesagt hast (letzter Satz): Man sieht etwas (in diesem Beispiel das Kind) und handelt sofort in der richtigen Konsequenz (helfen...). Ich glaube, dass fast jeder in bestimmten Situationen intuitiv handelt.

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